Im Olympischen Dorf bei Elstal wurden am Wochenende des 19. und 20. Septembers nicht nur Wölfe gesichtet, sondern auch Bären, Pumas, Stinktiere und sogar Krokodile. So mancher Spaziergänger staunte nicht schlecht, als dann auch noch über 60 Bogenschützen mit Blankbögen, Reiterbögen, Hunterbögen, Compound- und Recurvebögen durch das geschichtsträchtige Terrain stapften, um ein Ziel für ihre im Köcher mitgeführten Pfeile zu suchen.
Schuld am Robin-Hood-Auflauf mitten im ehemaligen Olympischen Dorf, das während der Olympischen Sommerspiele 1936 in Berlin über 4.000 Sportler beherbergt hatte, war die Bogensport-Abteilung vom SV Dallgow (www.sv-dallgow.de). Die Scheibenschützen des Vereins besannen sich in diesem Jahr auf eine liebe, alte Tradition und luden nach acht Jahren Pause erstmals wieder zur Wolfsjagd. Abteilungsleiter Peter Sach: „In den letzten Jahren fehlte uns einfach das passende Gelände. Nun haben wir die Gelegenheit bekommen und dankbar ergriffen, mitten im historischen Olympischen Dorf zu einem Bogensportturnier laden zu dürfen. Über 60 Schützen sind unserem Aufruf gefolgt. Manche von ihnen sind sogar von weither angereist. Unsere ‚Wolfsjagd reloaded‘ war ein voller Erfolg.“
Bei der Wolfsjagd handelt es sich um ein so genanntes 3D-Turnier. Das bedeutet, dass 3D-Ziele aus einem festen Kunststoff so in der Natur aufgestellt werden, dass die Bogenschützen von einem farbigen Holzpflock aus auf das Ziel anlegen können, ohne jemanden zu gefährden.
Max Scholz: „Die Herausforderung bei einem 3D-Turnier ist, die Entfernung vom Pflock zum Ziel zu schätzen, sie ist nicht bekannt. Das Schätzen ist gar nicht so leicht, wenn das Ziel im Schatten, mitten in einer Baumgruppe oder deutlich höher oder tiefer steht als der Pflock. Bei einigen Zielen mussten unsere Schützen auf bis zu 60 Metern Entfernung treffen.“
In Vierergruppen bewältigten die Schützen den Parcours, der es auf eine Länge von knapp fünf Kilometer brachte. Eine Versorgungseinheit stellte zur Halbzeit sicher, dass die Schützen keinen kalorienbedingten Schwächeeinbruch überstehen mussten.
Am ersten Tag durften die Schützen mit maximal drei Pfeilen auf die 28 Ziele anlegen. Bei einem perfekten Treffer mit dem ersten Pfeil gab es 20 Punkte. Am zweiten Tag wurde die ganze Runde mit neu gestellten Zielen noch einmal wiederholt, hier musste allerdings der erste Pfeil sicher sitzen, ansonsten musste eine Null auf dem Score-Zettel notiert werden.
Es gibt viele 3D-Bogensport-Turniere in ganz Deutschland (im Süden mehr als im Norden oder Osten) – und sogar Deutsche Meisterschaften in dieser Disziplin. Die „Wolfsjagd“ empfiehlt sich aber vom ersten Neustart an für die Top-10-Liste in diesem Metier. Ein Schütze: „Die historische Kulisse im Olympischen Dorf mit den Bunkern und den verlassenen Häusern ist einzigartig und hat das Wochenende zu etwas ganz Besonderem gemacht. Wann darf man schon einmal jeden Meter im Olympischen Dorf erkunden und zugleich auch noch bei einem anspruchsvollen Bogenturnier mitmachen? Hinzu kommt, dass die Ziele sehr sportlich gestellt waren. Das bedeutet, dass es nicht einfach war, die aufgestellten Ziele zu treffen. Für die Wolfsjagd 2016 werde ich mich jedenfalls gleich wieder anmelden.“
In der Tat forderte die „Wolfsjagd Reloaded“ den Schützen alles ab. Sie mussten von einer Aussichtsplattform hinunter auf eine deutlich tiefer gelegene Wiese schießen, zwischen eng zusammenstehenden Bäumen hindurchzielen und Ziele in hoch wuchernden Gräsern anvisieren. So mancher Pfeil ging dabei verloren oder zerbarst an einer Betonwand: Das ist stets das Risiko bei einer 3D-Jagd in der freien Natur.
Bei der Siegerehrung konnten die besten Schützen nicht nur tolle Trophäen in Empfang nehmen, sondern auch packende Geschichten von ihren besten und schlimmsten Schüssen erzählen. (Fotos: CS+DR/Text: CS)